1798, nur kurz vor dem Einmarsch der Franzosen, erkämpfte sich eine Gruppierung um Paul Reinhart (sie tagten jeweils im "Haus zum Komitee") mit dem Wohlwollen der Gerichtsherren die Unabhängigkeit des Kantons Thurgaus von den Eidgenossen, denen sie seit 1460 untertan gewesen waren.
Auf der "Freiheitstreppe" soll Paul Reinhart zur versammelten Volksmenge gerufen haben: "Der Thurgau ist frei!"
Das als Taverne der Zürcher Herrschaft erbaute Gebäude ist eines der wichtigsten historischen Gast-häuser des Thurgaus: Ab 1788 war es Amtshaus der Herrschaft Weinfelden und während des ganzen 18. Jahrhunderts tagten mindestens einmal jährlich die Gerichtsherren in der oberen Stube.
Das bedeutendste Ereignis fand 1798 vor dem Trauben statt, als Paul Reinhart der Landsgemeinde vom Treppenpodest herab die Befreiung des Thurgaus aus der eidgenössischen Untertanenschaft verkündete.
Paul Reinhart, der von 1748 bis 1824 lebte, ist in Weinfelden heute noch allgegenwärtig. Sein Bild hängt im Rathaus, im Saal schaut seine Büste von der Wand herab, eine Strasse und ein Schulhaus tragen seinen Namen. Und am «Trauben» weist eine Inschrift darauf hin, dass Reinhart am 1. Februar 1798 «von dieser Treppe herab die entscheidenden Worte zur Befreiung des Thurgaus sprach».
Reinhart war der Sohn des Zuckerbäckers Klemens Reinhart und der Anna Margaretha Reinhart-Müller. In der «Alten Apotheke» an der Frauenfelderstrasse verbrachte er seine Jugendzeit. Reinhart stieg als Apotheker und Handelsmann rasch auf; 1792 war er der grösste Steuerzahler im Dorf, wie Hermann Lei (1910–2006) in seinem Weinfelder Buch schreibt. Doch Reinharts Beliebtheit im Volk gründete nicht auf seinen finanziellen Beiträgen an das Allgemeinwohl. Der Obervogt lobte seine Uneigennützigkeit, «die im Thurgau eine gar seltene Erscheinung sei».
1798 wurde der grossherzige Mann die Seele der thurgauischen Befreiungsbewegung. Lei schreibt, Reinhart sei es zu verdanken, dass der Thurgau «in Würde und Festigkeit den Weg zur Freiheit beschritt». Die erste Regierung, das Komitee, tagte am heutigen Sitz des Verwaltungsgerichtes, im «Haus zum Komitee». Reinhart hatte es für seine Familie bauen lassen.
(Esther Simon in der Thurgauer Zeitung vom 30.3.2017)