Wäldi:
1273 überschrieb der Abt des Klosters Reichenau einen Hof in Wäldi dem Bischof von Konstanz.
Bischof Rudolf II. hatte hier zeitweise sogar seine Sommerresidenz.
Nach der Eroberung des Thurgaus 1460 durch die Eidgenossen war Wäldi als "Hohes Gericht" direkt dem Vogt in Frauenfeld unterstellt.
Engwilen:
Wahrscheinlich geht die Siedlung auf einen freien Hof im 8.-11. Jahrhundert zurück. Schon bald gehörte Engwilen aber zur "Bischofshöri", also auch dem Bischof von Konstanz.
Unter den Eidgenossen lag das Niedergericht in Händen der drei freien Engwiler Geschlechter Meyer, Egloff und Engwiler.
Lipperswil:
Der Ursprung von Lipperswil geht wohl auch ins 8.-11. Jhdt. zurück; 1284 verkauften die Freiherren von Bürglen Lipperswil ans Stift St. Johann in Konstanz, das auch die niedere Gerichtsbarkeit ausübte.
In Lipperswil wurden im Kehlhof die Zehnten und Grundzinsen eingezogen.
Hefenhausen:
Zusammen mit Hattenhausen gehörte es dem Kloster Reichenau.
Die Zehnten mussten in den Kehlhof nach Ermatingen gebracht werden.
Um 1350 übernahm Heinrich von Klingenberg das Lehen; die niedere Gerichtsbarkeit wechselte zwischen den Schlossherr-schaften von Salenstein und Hard.
Sonterswil:
Seit 1296 gehörte Sonterswil dem Bischof von Konstanz, bis es dann ab 1460 wie Wäldi direkt unter die Eidgenossen kam.
5 kleine Nachbardörfer - 4 verschiedene Herrschaften: die Herrschaftsverhältnisse im Thurgau waren im Mittelalter ein kleinstrukturierter Flickenteppich.
Gerichtsherrschaften in der Landgrafschaft Thurgau im 18. Jahrhundert
Darstellung von Marco Zanoli, Zürich
Ausschnitt aus der Karte "die Landgrafschaft TG" von 1717.
Gelb eingefasste Gebiete unterstanden direkt dem Landvogt.
Ausschnitt aus der erwähnten Karte; Staatsarchiv TG
Landgrafschaft und Landvogtei TG um 1750;
zusammengestellt von J. A. Pupikofer
Staatsarchiv Thurgau
Karte aus "Archäologie TG", Amt für Achäologie TG
Die grün markierten Ortschaften gehörten zum Kloster Reichenau, die roten dem Bischof in Konstanz und die blauen zum Kloster St. Gallen.
Ein Grossteil des Kantons Thurgau gehörte also geistlichen Herren - was meist geschätzt wurde, denn "unter dem Krummstab ist gut leben". Weltliche Herren sprangen mit ihren Untertanen oft hartherziger um.
Bischofshöri im 12. Jahrhundert; Karte aus "Geschichte Tägerwilens", P. Giger, E. König, M. Surber
Diese Dörfer bildete jahrhundertelang die "Bischofshöri" und gehörten dem Bischof von Konstanz. Deren Zehnten und Grundzinsen waren die Lebensgrundlagen des Konstanzer Bischofs und seiner Entourage.
Wahrscheinlich gehörten auch noch Gebiete auf deutscher Seite dazu, wohl auch die "Höri" vor dem Schienerberg.
Welche Berufe resp. welche Gewerbe übten denn die Wäldemer aus?
Eine Statistik von 1883 nennt 24 (!) Schuster und 12 "Landökonomen", also Landwirte.
Studieren Sie diese Zusammenstellung:
Einwohnerliste Wäldi 1883;
Staatsarchiv TG
Zu diesen vielen Schuhmachern kommen mir gleich zwei meiner Urgrossväter in den Sinn:
Dem einen gingen, als er 57 war, die Schuhe kaputt. Er wollte keine neuen mehr anschaffen, es lohne sich nicht mehr. Allerdings hat er noch 31 Jahre lang weiter gelebt, mit irgendwelchen "Holzböden" unter den Füssen.
Er hat also nicht mehr vielen Schustern Arbeit verschafft und dürfte mit seiner Sparsamkeit sicherlich repräsentativ für die Thurgauer Bevölkerung gewesen sein.
Der andere Urgrossvater handelte mit Schuhen; er kaufte bei verschiedenen Schustern auf dem Seerücken Schuhe auf und verkaufte sie dann in Oberschwaben.
So bildete also kaum die Binnennachfrage die Existenzgrundlage der damaligen zahlreichen Schuster, sondern der Export.
Auf der Themenseite Wirtschaft erfahren Sie, welches denn kantonsweit die häufigsten und die wichtigsten Berufe und Handwerke gewesen waren.
Auf dem Hinweisinventar der Denkmalpflege können Sie jedes von der Denkmalpflege erfasstes Haus anklicken und erhalten so wichtige geschichtliche und kulturelle Informationen.
Wer des Nachts sein Vieh auf die Wiesen der Andern treibt, wer seinen Nachbarn Trauben stiehlt, wer gegen den Andern das Messer zückt und ihn mit plutend wunden zurücklässt, wer Fremde ohne Erlaubnis mehr als zwei Tage lang beherbergt, wer die kirch verspottet oder wer keine ehrbare Kleidung vor der Obrigkeit trägt -
solche Angelegenheiten wurden in de "Offnung" geregelt, heute würde man dem Gemeindeordnung oder -reglement sagen.
Beginn der Offnung von Engkweilen; Staatsarchiv TG; Nr. 210
Der Name kommt von "offnen", eröffnen, verkünden, offenbaren. Die Offnungen wurden zu Beginn jeder Versammlung des Gerichts oder der Dorfgemeinschaft vorgelesen.
Es waren Sammlungen von Rechten und Pflichten der Dorfgemeinschaft, dem Vogt oder dem Grundherr gegenüber, aber auch bezüglich des gemeinsamen Dorflebens.
Aus Wäldi ist meines Wissens keine Offnung erhalten; an ihrer Stelle hier vier andere:
In Engwilen wohnten vor allem die drei freien Geschlechter Meyer, Egloff und Engwiler. Die Offnung erwähnt deshalb viele Freiheiten gegenüber dem "Herr von Costenz".
(Übersetzt hat diese Offnung aus dem Staatsarchiv TG Hans Herzog aus Ermatingen).
Auch aus Güttingen stammt eine der ältesten Offnungen im Thurgau. Der berühmte Historiker J. A. Pupikofer hat sie schon vor 200 Jahren in "heutiges Deutsch" umgeschrieben - sie ist deshalb sprachlich relativ gut verständlich.
(aus J. A. Pupikofer, Geschichte des Thurgaus)
Diese Offnung ist aus heutiger sprachlicher Sicht am schwierigsten zu verstehen - doch man kann die Regelungen dennoch erahnen.
(Etwas gekürzte Version aus der Webseite des Vinoramas Ermatingen)
Einige statistische Angaben zu Wäldi, dem Bezirk Gottlieben und dem Kanton Thurgau zur Zeit des Napoleonturms:
Schätzen Sie durchschnittlich einmal ab, wie gross damals eine Familie war, welche Berufe wie häufig ausgeübt wurden, wie verbreitet die Webereien waren, wie viele Kühe ein Landwirt besass und wie viel Obst geerntet wurde...
Solche finden Sie unter diesen Themen:
Landschafts- und Siedlungsentwicklung / Landwirtschaft / Verkehrswege / Schule / Kirche / Wirtschaft
Lesen Sie das erste Kapitel aus dem Büchlein "Im Dorf auf dem Seerücken", in dem Illa Tanner Geschichten aus Wäldi erzählt, die sie noch von ihrer Mutter und ihrem Grossvater gehört hatte.
Es gibt einen guten Einblick in das damalige einfache bäuerliche Leben - und auch die napoleonische Familie und der historische Napoleonturm kommen vor:
Wenn Sie sich für die Geschichte Ihrer Ortschaft sowie jedes ihrer geschichtsträchtigen Gebäude interessieren, empfehle ich Ihnen den entsprechenden Band Ihrer Region aus der Reihe "Die Kunstdenkmäler des Kantons Thurgau".
Bestellen Sie sie bei der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte Bern.
Aber nicht erschrecken, sie kosten ein halbes Vermögen. Doch es lohnt sich, zum Beispiel auch für jede Schulbibliothek.
Das nebenstehende Buch Bättelchuchi und Vogelhärd erklärt anhand von Redewendungen, Fachausdrücken und Flurnamen viele Tätigkeiten der vergangenen Alltagskultur und Landwirtschaft - vom Wäsche waschen übers Kalk brennen bis zum Wölfe fangen.
Unterhaltsam und aufschlussreich zugleich, Sie werden oft staunen und Ihre Freude an dem Buch haben!
Erhältlich ist es aber nur im Historischen Museum Frauenfeld.