Sonntag, den 26. Mai 2019:
Es gibt immer wieder Änderungen mit der Gotthardetappe. Jetzt hat sich die Lawinensituation auf der Nordseite so verschärft, dass wir dort nicht mehr aufsteigen dürfen.
So fahren wir mit dem Zug zuerst via Göschenen nach Airolo (Ankunft 09.12) und steigen dann dort auf der Südseite auf, wo nicht mehr viel Schnee liegt.
"Einerseits eröffneten sich dem Aug ungeheure Abgründe der Tieffe, anderseits sahen wir nichts als Berge mit ewigem Schnee bedeckt, hohe aufgethürmte förchterliche Steinfelsen, und schimmerende Eisgletscher, deren Spitzen sich in den Wolken verlohren.
Endlich ohngefehr um 3 Uhren langten wir zu oberst auf dem Gotthardpass bey dem Clösterlein und Waarenhauss an.
Dort haben wir alle vom Wasser aus dem Brunnen getrunken, welches eine solche Kälte in sich hatte, die vast nicht auszustehen war.
(Hier gibt's keine Rekognoszierungs-Fotos, weil der Pass noch immer geschlossen war)
Übernachtung: Matratzenlager auf dem Gotthard Hospitz:
http://www.passosangottardo.ch/de/alloggi/alloggio-gruppi.html
Montag, den 27. Mai:
Diese Etappe im Detail:
"So dann giengen wir den Berg hinunter, gegen das Leventiner Thal, durch ungeheure und unsichere Wege; man darf wohl sagen unsichere Weg, dann in einer Strecke von zwey Stunden erblicket wir bis 15 aufgesteckte Creutz, allwo reisende Personen ermordet worden. Es ist leicht zu erachten, dass der gleichen Anblick einem Grauen in dem Gemüth erwecket."
Der Wanderweg ganz unten im Tal, dem Ticino entlang, ist ab Airolo wegen Bauarbeiten gesperrt. So weichen wir auf die berühmte Strada alta aus - es gibt zwar etwas mehr Steigung, dafür ist dieser historische Säumerweg aber auch viel schöner!
(das ist die Reserve-Etappe, falls wir bei ganz schlechtem Wetter doch nicht auf den Gotthard könnten)
Da wollten wir gern frühstücken; aber niemand wollte uns etwas geben, indem die leuth unsere Sprach, und wir ebenfahls die ihrige nicht verstuhnden.
Ein Mann, der teuscht redete, führte uns demnach in ein Hauss, in welchem wir niemand sahen als zwey alte Weiber, von deren Anblick wir vast allen Appetit verlohren, denn sie sahen so aus, dass wir uns ein Bedenken machten, ihnen etwas abzunehmen; ihre Kleider waren aller Orten zerrissen; nichts desto weniger war der Hunger bey uns allen der beste Koch; wir sahen, dass sie uns schön Brodt und guten Wein vorstellten; auch müssen wir gestehen, dass wir auf unserer ganzen Reise nicht vortrefflicher sind bewürthet worden.
Übernachtung nochmals auf dem Zeltplatz Faido-Fusnengo wie letzte Nacht; wir fahren mit dem Zug von Biasca nach Faido zurück.
Dienstag, den 28. Mai:
Diese Etappe im Detail:
Die Schlussetappe führt als flacher Uferweg rechts oder links des Ticino entlang.
Nachdem wir also gut gesättiget und bezahlt hatten, begaben wir uns wieder auf die Strass, und langten in einer Strecke von ohngefehr 4 Stunden glücklich in Bellenz (Bellinzona) an, als an den Ort, wohin wir gezielet.
Zu unserem Glück traffen wir bey einem redlichen, freundlichen und liebreichen Wirth, zur Schlangen, in die Herberg ein. Derselbe nahm uns liebreich auf; er redete so gut teutsch, als seine eigne Muttersprach, und bewürthete uns zum Vergnügen, so dass wir daselbst eine erwünschte Herberg hatten."
"Er wiese uns einen Kauffmann an, der einen tuchladen, und zugleich Korn zu verkauffen hatte, namens Peter Bussny. Wir begaben uns zu demselben, den 31. May; er redete die teutsche Sprach gut, und wir wurden des Handels eins mit ihm, so dass wir ihm für 3 Saum Korn 54 Gulden bezahlten; 1 Saum macht etwa 7 Constanzer Viertel 1 ½ Vierling; nach diesem Maass wird gewohnter Weise das Korn verkauft."
Rückreise auf der Route über den San Bernardino, auf welcher die Weinfelder damals zwei Wochen lang die Weizensäcke getragen hatten.